top of page
Jana Richartz

Quer durch die Kahane
und wieder zurück

Die winzigen Fensterschächte ließen lediglich mageres Licht der ersten Morgensonne herein. Es fiel durch die eisernen Gitternetze auf den steinernen Boden und malte Muster und kleine Mosaike darauf…

 

Ziemlich genau mit diesen ersten Worten ist das erste Kapitel der Flammenbücher Anfang 2015 entstanden; wie bei mir üblich aus einer einfachen Laune. Eine spontane Inspiration, die niedergeschrieben werden wollte, ohne damit direkt die Absicht zu verbinden, daraus eine lange Erzählung zu entwickeln. Rückblickend waren es womöglich die unwirtlichen Tage des Winters, die mich ebenso eingeschlossen fühlen ließen wie Raeljo in seiner Zelle in den Nabatéen Izaz.

Völlig neu für mich war an diesem Schreibprojekt, dem Protagonisten die Rolle eines Antihelden zu geben, die des Diebes und Feiglings. Doch gerade diese Charakterzüge ließen mich „den Langfinger“ schnell liebgewinnen. Trotzdem schrieb ich zunächst nur sporadisch weiter, da ich noch eine andere, fortgeschrittenere Geschichte zu beenden hatte, die „Worldchange“-Reihe. Raeljo verharrte wie auch auf seiner ersten Reise durch die Kahane sozusagen im Ungewissen und verirrte sich im Labyrinth des Leibarztes, ohne zu wissen, auf was er stoßen würde.

Die Idee für ein Wüstenmärchen, das zunächst in erster Linie eine abenteuerliche Reise und eine Geschichte über Freundschaft mit einem magisch-orientalisch angehauchten Setting verbinden sollte, hatte ich dann - wenn ich mich recht erinnere - an einem heißen Sommertag in der Hängematte liegend.

Hat man den ersten Plotstrang im Kopf, so kommt es beim Schreiben nicht selten dazu, dass sich die Ursprungsidee verselbstständigt und immer komplexere Auswüchse annimmt. Einige Figuren der Geschichte neigen plötzlich dazu, ein Eigenleben zu entwickeln. Sie scheinen die Lücken, die man bei ihrer Ausarbeitung gelassen hat, Stück für Stück selbst zu füllen, bis sie beginnen zu rufen: „Sieh her! Sieh her, was mich antreibt und aus welchem Sand ich geformt bin. Ich habe ebenfalls etwas zu sagen!“

So sollte die Handlung anfangs hauptsächlich auf Raeljo und Dschahal fokussiert sein. Zwei Außenseiter, die einander helfen und voranbringen, - mit der Ausnahme ihrer Freundschaft und der Entwicklung des Feuerwesens hätte dieser Plot im Grunde eine ähnliche Geschichte erzählt wie jene, die jetzt von Raeljo am Lagerfeuer seinen Gefährten als Legende von Dschahal vorgetragen wurde.

 

Die Welt der Kahane ist kein Spiegelbild meines eigenen Lebensweges „in der Realität“ während des Schreibprozesses. Aber ich entdeckte in ihr immer häufiger die Möglichkeit, um Gedanken aufzugreifen, mit denen mich auseinanderzusetzen hatte und auseinandersetzen wollte. Die vermeintlich eindrucksarme Wüste wurde zum – manchmal gefährlichen, jedenfalls entbehrungsreichen – Rückzugsort, um einen Blick unter die Oberfläche zu werfen. Mit den Charakteren der Geschichte, ihren Eigenschaften und Überzeugungen, begab ich mich auf Erkundung, um Perspektiven zu suchen und einzunehmen auf Fragen wie:

Kann man aufrichtig mit sich selbst sein und darf man sich selbst trauen? Was ist Selbstvertrauen? Ändert sich der Mensch oder passt er sich lediglich an? Wann ist Liebe zerstörerisch? Was ist Freiheit? Gibt es Schicksal? Wie weit reicht unsere Selbstbestimmung und die Macht über das, was uns widerfährt? Was nützt Glaube? Und was bleibt eigentlich am Ende?

Einige der Flammenbücher-Figuren geben im Verlaufe der Reihe eigene Antworten auf ihre Fragen, aber das ist nicht das Entscheidende…

 

Für mich verkörpern Geschichten weniger hilflose, unmündige Kinder, die ohne Pflege verkümmern und ihr Aufwachsen „eingegeben“ bekommen. Vielmehr nehme ich sie als gute Freunde – Seelenverwandte – wahr: Wir kennen zwar nicht jedes Geheimnis voneinander, aber wir haben das Wesen des anderen erfasst. Wir tun einander gut: Wenn der eine Kraft schöpfen muss, schenkt der andere sie und umgekehrt und meistens gelingt diese Balance des Gebens und Nehmens.

 

Die Geschichte um Dschahal, beginnend mit Flammenfunke, ist Teil einer Reise, die Raeljo, Soraya, die übrigen und ich gemeinsam bestritten haben und noch weiter bestreiten.

Bis zur Veröffentlichung dieses ersten Buches war es ein langer Weg und es wird noch ein längerer sein, bis die übrigen Bände folgen, die seit November 2018 noch in ihrer Urfassung schlummern. Dadurch, dass mehrere Jahre vergangen sind, in denen sich sowohl – wie bereits angesprochen – der Plot und seine Schwerpunkte, als auch mein Schreibstil verändert haben, war an Flammenfunke viel zu feilen und aufzubereiten, um „für die Öffentlichkeit“ den Grundstein für die Reihe zu legen. Man möchte gar nicht vermuten, wie viel Arbeit erst noch kommt, nachdem eigentlich schon alles aufgeschrieben ist. So hatte ich Oktober 2020 einen Anlauf in einer kurzzeitigen Erstveröffentlichung als E-Book genommen, aber dann entschloss ich mich dazu, noch einmal größere Änderungen vorzunehmen und gab den teils gänzlich umgeschriebenen Text anschließend an Tanja Roos, die das werdende Buch mit Hingabe und einem bemerkenswerten Gespür für die Feinheiten lektorierte.Vielen Dank an dieser Stelle auch an Anja K., die den Kontakt herstellte, und an meine Familie, die mich unterstützt, mit einer Mutter, die mir immer zur Seite steht und mich ermutigt, meine Träume zu verfolgen.

 

Flammenfunke ist das erste Buch, das ich selbstveröffentliche. Eine Menge Herzblut ist hineingeflossen und ich hoffe, dass es den ein oder anderen in seinen Bann zu ziehen vermag.

Kurz vor einer Veröffentlichung zu stehen, erfasst mich beinahe ebenso sehr mit einer fiebrigen Aufregung, wie die Momente, in denen man derart im Schreiben versinkt, dass der Kopf kaum hinterherkommt und man einfach „dem Flow folgt“.

In diesem Sinne: Lasst euch von euren Inspirationen und Leidenschaften leiten und vertraut darauf, dass sie euch einen Ort schaffen, an dem ihr euch aufgehoben und wohl fühlt… :)

 

 

Eure Jana

bottom of page